Kapitel 4: Attraktionen im
Zoo
Freitag, 19. März 1999
Mit fast zwei
Jahren ist es an der Zeit, dass unser Sohn einmal einen Zoo
besucht, dachten Claudia und ich, und so fuhren wir nach Saarbrücken
in den Tierpark, den ich selbst als kleiner Junge kennen gelernt
hatte. Zuvor gingen wir noch in die Saarbrücker Innenstadt
einkaufen, wo sich noch eine kleine Begebenheit ereignete: Claudia
probierte in einem Kaufhaus Umstandskleider an, und unser Kleiner
langweilte sich und suchte ihre Umkleidekabine. Die fand er auch beim
ersten Mal problemlos, nur als er das nochmals machen wollte, verirrte
er sich und zog am Vorhang einer Kabine, in der sich gerade eine
ältere Dame umziehen wollte. Im letzten Moment konnte ich
schlimmeres verhindern. (Böse Zungen behaupten, dass ich
ihn dazu angestiftet hätte, doch das ist nicht wahr! Ich habe
ihm ausdrücklich gesagt, er solle sich eine Kabine mit einer
hübschen jungen Dame suchen und mit dem Wegziehen des Vorhanges
so lange warten, bis ich auf Augenhöhe sei.)
Nach dem
Shopping begaben wir uns dann auf den Weg zum Zoo und mussten
feststellen, dass der in Saarbrücken fürchterlich
schlecht ausgeschildert ist. Gäbe es da nicht eine freundliche
Dame in der Tourist-Information im Hauptbahnhof, dann würden wir
heute noch suchen.
So gelangten wir endlich zwei Stunden vor Toresschluss an unser Ziel. Nach Passieren des Kassenhäuschens
stiegen alte Kindeserinnerungen in mir hoch, denn als erstes
erblickten wir den Teich mit den knalligbunten Flamingos. Vaterstolz
stieg in mir hoch, als neben mir mein Sohn in ein begeistertes
Ooooh ausbrach. Doch wie ich ihn dann anschaute, musste
ich feststellen, dass nicht die Wasservögel Anlass zu
diesem Begeisterungsausbruch waren, sondern die Mülltonnen, die
neben dem Kassenhäuschen standen. Zum besseren Verständnis
muss ich hierzu anmerken, dass unser Filius neben einer
Vorliebe für alles Technische Mülltonnen und Müllautos
gern hat. (Für ihn sind Müllwagenfahrer Halbgötter in
Orange, und viele von ihnen freuen sich über seine unverhohlene
Bewunderung ihres Berufes.)
Ich reagiere etwas verschnupft auf
sein Desinteresse an den Flamingos und schleppe ihn weiter zu den
Trampeltieren. Wie ich meine Kamera auspacke, um ein Foto von ihm mit
den Höckertieren zu machen, dreht er sich doch wieder um und
schaut Richtung Lama-Gehege. Denn dort sind gerade zwei Arbeiter
damit beschäftigt, mit Schaufel und Rechen die Anlage in Ordnung
zu bringen. Und außerdem rattert in dem Moment ein Kleintraktor
vorbei, so dass ich unseren Sprössling schon kaum mehr
gehalten bekomme.
Ernüchtert klemme ich mir den Kleinen unter
den Arm und schleppe ihn weiter zu Affen und Giraffen, Zebras und
Gepards. Hier hat er das erste Mal Spaß an den Tieren, doch
interessanter ist für ihn die Ausstellung über die
Entstehung des Menschen, wo in mehreren Schaukästen Schädel
präsentiert werden. Denn unter den Kästen befinden sich
zwei Schalter, mit denen das Licht eingeschaltet und der Schädel
gedreht werden kann.
Die Hauptattraktion des Saarbrücker Zoos
schlechthin (subjektiv betrachtet) ist jedoch der Spielplatz. Auf
diesem befindet sich ein münzbetriebener Baggerarm mit vier
Hebeln, mit denen die Baggerschaufel in alle Richtungen bewegt werden
kann. Hier ist unser Kleiner nicht mehr zu halten, krabbelt auf den
Sitz hoch und ruckelt an den Hebeln. Wir selbst finden diese
technische Innovation so schön, dass wir sogar die Mark
einwerfen möchten, damit Christopher seinen Spaß hat. Doch
leider ist das Gerät defekt, die Mark fällt immer wieder
heraus.
Das kann unser Kronprinz nicht verstehen, und noch weniger
kann er verstehen, dass wir ihn nach fünf Minuten vom Sitz
herunterholen und Richtung Seehunde bringen wollen. Er hebt zu einem
Geschrei an, dass wir uns entschuldigend nach allen Seiten
umsehen. Mir bricht der kalte Schweiß aus, weil ich das dumme
Gefühl nicht los werde, dass sein Protestgeheul eine
Stampede unter den Zootieren auslösen würde.
Bis zu den
Seehunden hatten wir ihn dann beruhigt bekommen (wir sind übrigens
seitdem der festen Meinung, Seehunde müssen taub sein, denn
sonst hätten sie durch sein Gebrüll mit den Schwimmflossen
nach oben treiben müssen) und verließen den Zoo. Das
Kassenhäuschen war übrigens zu diesem Zeitpunkt leer, wir
hoffen inständig, dass die Kassiererin keinen Hörsturz
erlitten hat. (28.03.99)
Copyright by Frank Schmitt